Sinn ist unsere beste Motivation

Mitarbeiter  kommen und gehen. Oft sind es langjährige Kollegen oder verdiente Führungskräfte, die einem Unternehmen den Rücken kehren. Wenn es ein Weggefährte über lange Jahre oder durch schwere Zeiten ist, lässt uns sein Weggang nicht kalt. Kommt es zum Abschied, trifft er uns schmerzlich – und Fragen nach dem Sinn gehen durch den Kopf…

Warum bin denn ich noch hier? Müsste ich nicht auch noch etwas Neues versuchen? Könnte ich anderswo nicht mehr verdienen, eine interessantere Tätigkeit finden, eine steilere Karriere beginnen? Wird man mir hier vielleicht eines Tages auch nahelegen zu gehen, mich respektlos behandeln, geringschätzig und verletzend mit mir umgehen?

Solche und andere Fragen zu stellen ist wichtig. Es  sind quasi Lernfragen, eigene kritische Überlegungen, wie wir etwas an uns verbessern können.

Das „Warum“ ist oft unklar

Welche Gründe einen Menschen bewegen, sich zu trennen, Abschied zu nehmen, einfach wegzugehen — wir werden es nie wissen, sind die tatsächlichen Motive vielleicht ihm selbst nicht ganz klar: keine Wochenendehe mehr führen, sich um die alten Eltern kümmern, die Freundin fühlt sich in dieser Gegend nicht wohl, ein Angebot liegt vor, das man nicht ablehnen kann, Entwicklungsmöglichkeiten sind nicht erkennbar.

Niemand kann sicher sein, ob er nicht auch seinen Arbeitsplatz verliert, ob er nicht auch neue Interessen entwickelt, die ihn anderswohin führen, ob nicht auch für ihn andere Ziele und neue Aufgaben attraktiv werden. Wir wissen es nicht. Vieles können wir nicht verhindern, manches nicht beeinflussen, aber etwas geht schon: alles tun, um für das Unternehmen attraktiv zu bleiben. Das Zauberwort dafür heißt: Lernen.

In Zeiten der Digitalisierung ist ein Mitarbeiter für das Unternehmen wichtig und trägt zu guten Lösungen bei, wenn er nicht mehr nach dem Mann fragt, der den Hut aufhat, nicht mehr Weisungsberechtigung reklamiert, um etwas umsetzen zu können. Immer sollten wir daran denken, dass unser Gehirn, die anspruchsvollste Steuerung der Evolution, nicht über eine zentrale Instanz verfügt, wo entschieden und angewiesen wird. Ständig wird in unserem Gehirn informiert, vereinbart, ausgehandelt, einbezogen und ausprobiert.

Wer zu viel Probleme mit sich selber hat, die er dadurch überspielen muss, dass er sich dauernd in den Vordergrund stellt, dass er Kritik nicht erträgt und rechthaberisch an seiner Meinung festhält, derjenige kostet Mühe, verbraucht Energie und hält auf.

Die beste Motivation? Der Sinn!

Attraktiv für ein Unternehmen sind Mitarbeiter, die mit Komplexität gut zurechtkommen, die mit Gruppen so umgehen, dass diese ihre spezifische Leistung erbringen können. Es sind Mitarbeiter, die sich gerne in einem Arbeitsumfeld mit Freiräumen bewegen und sich wohlfühlen, wenn sie an mehreren Projekten gleichzeitig mitwirken.

Gefragt sind Mitarbeiter, die Störungsfelder erkennen, die Spannungsräumen nicht ausweichen und die sich mit Tabuthemen nicht abfinden. Sie sind nicht aggressiver als andere, aber mutig, sie sind nicht ungeduldiger, aber konsequent, sie sind nicht schneller, sondern nachhaltig.

Gefragt sind Mitarbeiter, die sich nicht im Besitz der Wahrheit wähnen, sondern vor allem nach besseren Lösungen suchen, die kritikfähig sind, weil sie sonst nicht mehr lernen können. Aber vor allem sind es Menschen, die über sich selber kritisch nachdenken können. Kritik ist ihnen Gelegenheit zu lernen und sich zu verbessern.

Es sind reflektierende, nachdenkliche Menschen, die auch nach dem Sinn ihres beruflichen Handelns fragen. Nicht, weil die Vergütung hoch ist und die Beteiligung am Gewinn beträchtlich, engagieren sie sich, sondern weil sie dort beruflich einen Sinn finden. Sinn ist ja das stärkste Motiv, für das wir bereit sind, uns schonungslos einzusetzen. Es heißt, dass in den erfolgreichen Unternehmen die Mitarbeiter mit Leichtigkeit auf die Frage nach dem „why“ antworten können.

Kreative sind immer gefragt

Sinn hat aber auch mit persönlicher Überzeugung, mit einem eigenen Wertesystem und mit einem Weltbild zu tun, das orientierend wirkt. In unserem Kulturkreis ist das Christentum ein solches Weltbild, das sich auf zentrale Themen konzentrieren lässt. Es geht um Versöhnungsbereitschaft, wenn es heißt: „Wenn du deine Gabe zum Altare bringst und dich erinnerst, dass dein Bruder etwas gegen dich hat, dann lass deine Gabe, versöhne dich mit deinem Bruder, und dann komme und opfere deine Gabe“.

Es geht um Verantwortung für den anderen, wenn es heißt: „Was du einem der Geringsten unter meinen Brüdern getan hast, das hast du mir getan, was du ihm nicht getan hast, das hast du mir nicht getan.“ Es geht um bedingungslose Friedfertigkeit, wenn es heißt: „Ihr sollt aus Schwertern Pflugscharen schmieden.“

Besonders gefragt sind nicht nur Mitarbeiter, die Komplexität bewältigen, die systemische Zusammenhänge erkennen, die über sich selber kritisch nachdenken, die über eine innere Orientierung verfügen, sondern auch solche, die kreativ und innovativ sind. Kreativität ist ein Wert, den wir alle anstreben, darin sind wir uns alle einig, kreativ möchte jeder sein. Es ist auch verständlich, denn in unserer schnelllebigen und hochkomplexen Welt brauchen wir ständig neue Lösungen und das heißt, kreative Menschen.

Das sind Menschen, die nicht von ihrem Überich unterjocht werden, die nicht auf Regeln, Normen und Ordnung festgelegt sind, sondern solche, die in sich die innere Kraft und die Begeisterung spüren und die sie mit dem Können verbinden, die beides kennen, die Wartburg und den Venusberg. Sie setzen sich große Ziele, die sie mit Rausch und Fertigkeit verwirklichen.

Eine Managementzeitschrift stellt die Frage, ob unsere Unternehmen für Manager mit ungewöhnlicher Kompetenz in unserer digitalisierten Welt überhaupt attraktiv genug seien. Eine Antwort war: Können wir Ihnen Beteiligungssysteme anbieten, denen sie sich nicht entziehen können?

Gute Manager können überall ihr Geld verdienen. Sinn finden sie nicht so leicht. Dort wo sie ihn finden, bleiben sie gerne.

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