0,00: Lange – Weile – EZB

Die Europäische Zentralbank lässt ihre Geldpolitik wie erwartet unverändert. Wie oft haben Sie diesen Satz in den letzten Monaten und Jahren schon gelesen? Anleihenkauf 2017? Zinswende 2018, 2019? Beredtes Schweigen in Frankfurt!

Kurz im Klartext: Leitzins und Strafzinsen bleiben! Der Hauptrefinanzierungssatz bleibt bei 0,00 Prozent, der Spitzenrefinanzierungssatz bei 0,25 Prozent und Banken müssen für das Lagern ihrer Gelder bei der EZB 0,40 Prozent berappen – das ist die Conclusio der aktuellsten EZB-Ratssitzung. Neuigkeiten Fehlanzeige!

Im Gegenteil: Die EZB will ihre Zinsen für längere Zeit (!?) auf diesem oder einem (noch!) niedrigeren Niveau halten, und zwar deutlich über die Dauer der Anleiheankäufe (2017) hinaus.

EZB und Anleihen: Ankaufen bis ultimo?

Auch bestätigte die EZB, dass sie monatlich Anleihen für 80 Milliarden Euro ankaufen will, bis die Inflation eine überzeugende Wende in Richtung ihres Zielwerts von knapp 2 Prozent genommen hat, mindestens aber bis Ende März 2017. Mehr noch: Die Währungshüter werden wohl bei der Dezembersitzung das Programm über März 2017 hinaus verlängern und die selbstgesetzten Bedingungen zum Erwerb der Anleihen lockern – weil einige Papiere allmählich knapp werden. Nach den gegenwärtig gültigen Parametern dürften den Zentralbanken des Eurosystems nämlich früher oder später die ankaufbaren Anleihen ausgehen.

Inflation bleibt am Boden

Denn bisher half die ultralockeren Geldpolitik Konjunktur wie Inflation wenig. Zwar stieg letztere im gemeinsamen Währungsraum im September auf den höchsten Stand seit Oktober 2014. Die Rate ist mit 0,4 Prozent aber weit entfernt von dem Preisziel der EZB – knapp 2 Prozent.

Langfristig niedrige oder gar sinkende Preise aber sind Gilt für die Konjunktur: Unternehmen und Privatleute schieben ihre Investitionen. Sie warten schlicht auf noch billigere Zeiten.

„Darüber sprechen, worüber man nicht gesprochen hat“: Draghi schweigt gefährlich

Eines war doch neu: Mario Draghi hat die kürzeste Pressekonferenz nach einer Zinssitzung in der Geschichte der Europäischen Zentralbank abgehalten – nach 47 Minuten war Schluss.

Warum? Er hatte schlicht wenig bis nichts zu sagen – oder wollte nicht. Wie geht es mit dem Anleihekaufprogramm nach März 2017 weiter? Wie stellt sich die EZB einen möglichen Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik eigentlich vor, da die Inflation sich plötzlich zurückmeldet? Keine konkrete Antwort auf Vieles. Investoren wie Europas Regierungen aber warten auf Antworten interessiert.

Das Rätzel EZB

Als Beobachter fragt man sich, was der EZB-Rat überhaupt diskutiert hatte. Und auch Experten rätseln über das seltsame Schweigen des EZB Obersten. Manche glauben darin den Versuch zu erkennen, zunächst die geldpolitischen Entscheidungen der US-Notenbank abzuwarten. Andere munkeln, Draghi lasse Politik und Regierungen in der Euro-Zone bewusst im Unklaren, damit diese endlich Strukturreformen durchführen. Ganz böse Zungen behaupten, Draghis gekonntes Schweigen indiziere eine mögliche Zerstrittenheit innerhalb des EZB-Rates – uns spiele auf Zeit.

Am Ende könnten alle Recht haben…

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